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Nellas Woche – von Taxi über Beuys zur Kasse

Aufgeschnappte Berlinmomente von Nella Rausch

8. Taxi-Roulette in Berlin

Mal gewinnst du, mal verlierst du.
Hin läuft alles cremig: Das Taxi ist schnell da und eine angenehme Gesprächsebene mit dem Mann am Steuer auch. Es geht um Beruf und Berufung. Warum macht er das was er da macht und ist nicht bei seinem Ursprungsberuf „Gas-Wasser-Sch…“ na, ihr wisst schon, geblieben?

„Die Baubranche war damals in einer Krise. Keine Aufträge.“ Als ich ihn frage, ob er seinen alten Beruf vermisst, erwidert er: „Du machst den Hahn auf und das Wasser fließt. Das Ergebnis ist sichtbar. Hier ist das nicht so.“
„Doch. Sie bringen ihre Passagiere sicher ans Ziel und haben Sie vielleicht sogar noch gut unterhalten.“ „So habe ich das noch nicht gesehen. Stimmt.“

Kurze Erklärung: In Berlin weißt du nie, wer eigentlich mehr in Jahre gekommen ist, das Taxi oder der Fahrer. Pech ist, wenn beides zusammenkommt und du nicht sicher weißt, ob du wohl behalten am Zielort ankommst. Das „Taxi-Roulette“ dreht sich. Mal gewinnst du, mal verlierst du.

Die Rücktour stellt genau diese These unter Beweis: Kickstart an jeder Ampel, oder bei „Kirschgrün“ rüber rutschen, eckiges Spurenwechseln, Hupen und Drängeln. Dieser Typ klebt fast an der Windschutzscheibe. Ich klammere mich am Vordersitz fest. „Was sagt eigentlich Ihr Blutdruck zu Ihrem Fahrstil?“ „Bei der letzten Messung vorgestern lag der bei 220 zu 140.“
Ich versinke im Polster der Rückbank und spüre, dass die Stoßdämpfer ihre besten Tage hinter sich haben. „Meine Frau ist froh, dass ich auf der Piste bin. Ich bin ihr zu laut und zu hektisch. Und die Rente reicht vorne und hinten nicht.“
Die halbe Lebensgeschichte bekomme ich on top serviert. Meine Vermutung: die kindliche Prägung wirkt sich auf den Fahrstil aus. Kein Zweifel.

„Hatten Sie eine schwierige Kindheit?“ Wird demnächst meinen Einstiegsfrage sein. So viel ist sicher.
Dass der Ausstieg an der nächsten Ecke die einzige Option ist, ist klar. „Hier muss ich raus, danke.“ Ich laufe den Rest.

9. „Du hast h i n g e s c h m e i s s t!“

„Papa, liegt Boden?“, ruft eine fragende Kleinjungenstimme durch den Supermarkt. Ich denke erst „Oh Gott, ein Notfall“, bis ich sehe, dass Papa den Einkaufswagen schiebt, in dem der kleine Mann sitzt. Und dann sehe ich auch was mit „liegt Boden“ gemeint sein könnte. Eine Tüte mit geraspeltem Käse.
Papa, ziemlich hipp, Mitte dreißig, gepflegter Vollbart, lässiger Gang, Sonnenbrille, hat aber noch nicht gemerkt, dass ich das Ganze mitbekommen habe, er will einfach nur weiter, den „Tüten-Tatort“ verlassen und in der nächste Regalreihe verschwinden. Filius findet das aber ganz und gar nicht richtig und wird lauter: „Guck doch, Papa, da. Du hast hingeschmeißt.“ Immer noch keine Reaktion.
„P a p a, du hast h i n g e s c h m e i s s t! A u f h e b e!!!“ Unsere erwachsenen Blicke treffen sich und er zieht verlegen kapitulierend die Schultern hoch, verzieht leicht verzweifelt den Mund, geht zurück, bückt sich und … Ja, und nun, was machen mit der Käsetüte? Die lag ja nun mal auf dem Boden.

Er dreht und wendet sie, als stünde da eine Anleitung drauf: „Sollte diese Tüte einmal länger als drei Sekunden den Fußboden berühren, wenden Sie sich unmittelbar an die Supermarkt-Task-Force Floor Ground und wählen Sie die folgende Hygiene-Nummer.“ Tut es aber nicht. Daher legt er sie in die äußerste Ecke seines Einkaufswagens und schiebt mit Jona davon. Die Sache ist erst mal geklärt. Auf einmal brüllt es: „Wo ist Tüte? Tüte weg!“ „Da ist sie doch, Jona. Jetzt sei mal still.“ „Käse nicht Marmelade, Papa.“

Der Kurze ist maximal drei bis vier Jahre alt und damit zwischen Trotz- und Polizeiphase. Das ist das Lebensalter, in dem die Kids ohne Umschweife die sogenannten Erwachsenen auf ihre Fehlverhalten hinweisen. Da fallen gerne Sätze wie: „Hallo Frau! Ampel ist R O H O O T!“ oder „Hier ist D R E I S S I G!“ oder „Die Straße ist K E I N Mülleimer.“
Der Papa wird noch viel Freude mit Jona haben, da bin ich mir sicher und zahle schmunzelnd meinen Prosecco.

10. „Ich denke sowieso mit dem Knie.“ Joseph Beuys

Als ich vor einigen Tagen mit Anton zusammentreffe, wir kommen beide vom Einkaufen, meint er: „Hey, dich habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen.“ „Na ja, der Winter in Berlin, versteckt die Menschen in den Häusern.“, antworte ich.
Wir bleiben an der Bushaltestelle stehen und beobachten die Szenerie im Kiez. Auf einmal verblüfft er mich, Anton ist übrigens ein Freund meines jüngsten Sohnes, 15 Jahre alt, mit folgendem:

„Schau mal da drüben, die Frau, die geht immer als würde sie innerlich singen. Und der Mann da, zieht das Bein nach, aber nur dann, wenn er an der Apotheke vorbei geht. Ist dir das auch schon mal aufgefallen? Ich finde, der Gang eines Menschen verrät so viel über ihn selbst.“ Natürlich überlege ich gleich, wie ich so laufe.
Er sieht mir meine Fragezeichen an. „Du gehst immer sehr gerade und stolz und manchmal hast du kleine Hüpfer drin. Das finde ich lustig. Deine Tochter geht ähnlich.“ Ja isses denn wahr? Ich glaube es ja nicht, ein „Walk-Stalker“, oder wie?
Ich lache mich kaputt und wünsche ihm einen schönen Tag. Natürlich werfe ich auch einen Blick auf seine Beine. Er wippt in den Knien und da fällt mir eben das Zitat von Beuys ein, das mit dem Knie.

„Ich denke sowieso mit dem Knie.“ So geht es mir auch oft. Immer dann, wenn ich mich mental verknote, hilft mir ein Spaziergang. Der Weg wird zum Ziel. Kann ich gerade gut gebrauchen. Ich beschließe nach dem Einkauf rauszugehen und an meinem Gedankengang zu arbeiten.
Danke, Anton.

11. Fräulein Schmidt muss noch viel lernen.

Was soll ich sagen, eigentlich bin ich eindeutig Team Katze. Doch als ich diese Woche meinen Lieblingsweg entlangspazierte, kam ich ins Grübeln.
Schon von Weitem sah ich ihn. Herr Müller fuhr in seinem elektrischen Hightec-Rollstuhl den Feldweg entlang. Doch diesmal hatte er noch jemanden im Schlepptau. Einen jungen Jack Russel. Der raste an seiner Leine am Heck des „Choppers“ (inklusive Fuchsschwanz versteht sich) von einer Seite zur anderen. Manchmal blieb er stehen, um zu schnuppern.

„Na, wen haben Sie denn diesmal dabei. Ihren kleinen Freund kenne ich ja noch gar nicht.“ „Ist ne Sie. Darf ich vorstellen, Fräulein Schmidt.“ Ich grinste „Seit wann sind sie denn ein Paar?“ „Ganz frisch. Eigentlich wurde mir ja eine Huski-Dame versprochen. Schöne Pleite. Jetzt ziehe ich sie und nicht umgekehrt. Alles muss man selbst machen.“ Wir lachen beide los. „Das wird noch, Herr Müller. Fräulein Schmidt muss eben noch lernen. Tschö.“
Während ich noch in mich hinlächele, kommt mir der andere Nachbar mit seinem Schäferhund Hugo entgegen. „Moin.“ „Tach.“

50 Minuten später, ich bin schon fast wieder zu Hause, sehe ich Hugos Herrchen mit Hugo in einer Holzkiste auf einem Lastenfahrrad an der Ecke stehen. Er hat die Schnauze auf den Rand der Kiste gelegt und ist tiefenentspannt. Beide palavern mit einem weiteren Herrchen nebst Mischling. „Hugo hat Hüfte. Muss noch ma los, nache Stadt. Datt packt der alte Herr sonst heute nich mehr. Allein will er abba auch nich sein. Kennst´e ja.“ „Jo, kenn ich.“
„Ach, tach Nella. Bisse schon rum? Grüß schön zu Hause.“
„Jepp, mach ich.“ Ich winke.

Herrlich, so viel Hund und so viel Herrchen und so viel traute Zweisamkeit. Alle waren so zufrieden mit sich, der Welt und ihren Partnern. Beneidenswert.

12. Morgens, um 5:30 Uhr in Deutschland

Ach du Schreck, ich glaube ich habe gestern Abend vergessen, die Mülltonne vors Haus zu stellen!“
Ich sitze kerzengerade um 5:30 Uhr im Bett und schlüpfe schlaftrunken in meine Hose. Mein Nachthemd lasse ich an. Wird ja schon niemand sehen.

Ein Blick aus dem Fenster zur Straße verrät mir, dass mich meine Vorahnung nicht getrübt hat. Da stehen sie alle ordnungsgemäß vor den Einfahrten abgestellt.
Zur Sicherheit suche ich nach dem Plan für die Müllabfuhr. Auch da steht es Schwarz auf Weiß. Kreisch.
Schnell die Jacke übergeworfen, Schlüssel gesucht und gefunden und raus. Niemand ist zu sehen. Gott sei Dank. Schnell die gelbe Tonne an den Straßenrand bugsiert und wieder rein ins Warme.

Kaum bin ich drin, klingelt das Telefon. „Guten Morgen, Nella. Du musst die Tonne andersherum drehen, sonst nimmt sie die Müllabfuhr nicht mit.“ „Wer spricht denn da?“ Ich gehe ans Fenster und suche die Straße ab. Durch die Gardinen winkt mir eine Frau mit einem Telefonhörer in der Hand von Gegenüber zu. „Huhu, ich bin das, die Nachbarin.“ Ich winke zurück.

Ich also wieder raus. Das gelbe Ding in Position gebracht. Ein kurzer Blick in Richtung Fenster. Der Daumen der Nachbarin geht hoch. Puuuh, alles paletti. Schnell ins Haus.
Von Weitem höre ich den Wagen der Müllabfuhr in die Straße meiner Eltern einbiegen. Gerade noch geschafft.
Demnächst besorge ich so ein Schild mit „Achtung, wachsame Nachbarn.“ drauf. Einbrecher haben hier keine Chance. Schon gar nicht um 5:30 Uhr morgens.

13. Vor hundert Jahren

Schon verrückt, wenn ich diese Zeile lese: Vor hundert Jahren wurde meine Großmutter geboren.
1922, was für ein besonderes Jahrzehnt. Die „Goldenen Zwanziger“ und meine Oma – Berliner Kind – mittendrin. Groß geworden auf der Trabrennbahn Karlshorst, hat sie sich mit gerade mal 15 in einen schnieken Prenzlauerberger verliebt, der später mein Großvater werden sollte.

Ihr Vater war von Wien, Schloss Schönbrunn, hierhin gewechselt. Er war Landschaftsgärtner. Den „Grünen Daumen“ hatte er an seine über alle Maßen geliebte Tochter vererbt, die hatte nur vergessen, ihn an mich weiterzugeben.
Wenn ich an sie denke, kommen mir ihre zahllosen Rucksackreisen mit Freundinnen in den Sinn, der gelbe VW-Käfer (Spitzname: Rallye-Oma) und die ausgeprägte Leselust. Geraucht hat sie bis ins hohe Alter mit Spitze und rot lackierten Fingernägeln und übergroßen Ringen. Man konnte sie schon von Weitem hören. Entweder durch die sehr tiefe Stimme begleitet von starkem Husten beim Lachen oder durch das Klimpern ihrer langen Halsketten.

Ihre einzige Betrübnis war – nach dem Tod ihres Mannes – der rapide Verlust der Sehkraft.
„Ach, Kind, ich würde so gerne wieder einen schönen „Triller“ lesen, aber du weißt ja meine Augen, die werden immer schlechter.“ Sie nahm einen kräftigen Zug und blickte beim Ausatmen in meine Richtung. „Aber jut siehst´e aus, wirklich jut.“ „Oma, du hast mir doch gerade erzählt, dass du kaum noch was sehen kannst.“ „Ditt stimmt, aber ditt wat ick sehe, find ick jut.“

Happy Birthday, Oma und liebe Grüße an Opa.

14. Wegschauen is nich.

Gerade eben noch auf der kuscheligen Insel mit Wind in den Haaren und im perfekten Entschleunigungsmodus, da fährt die Hauptstadt ihren ganzen Charme auf.
Es scheint im Nachhinein so, als hätte Berlin eine Welcome-back-Stress-Challenge vorbereitet: no Küstenflow.
Gut, ich habe es so gewollt.

Warum muss ich auch so schnell wieder in den Großstadtwahnsinn einsteigen? Mein Ehrgeiz: Das Neue Jahr soll merken, dass ich meine Vorsätze auch gleich umsetze.
To-do-Listen-Punkt eins: Besuch bei der Frauenärztin. Bereits auf den ersten Metern spüre ich, dass das ein Fehler war.
Es scheint, als hätten sich alle schrägen Gestalten im Umfeld verabredet, mir vor die Füße zu stolpern. Ich werde dauernd angerempelt, ein frischer To-Go-Kaffee landet fast auf meiner Hose, zwei Frauen streiten sich lautstark, während die Kinder sich gegenseitig vors Scheinbein treten und der Mann, der mir im U-Bahn-Abteil gegenüber sitzt, mustert mich intensiv-aggressiv.

Ich bin froh, als ich den Ausgang finde und mich der U-Bahn-Tunnel wieder ausspuckt.
Erst mal Luft holen. Wo muss ich noch mal hin?
Nella wieder leicht verpeilt. Das ist schon mal wie 2021, 2020, … ach, ich mache es kurz: wie immer.
Ich habe Nullkommanull Orientierungssinn. Mir fehlt etwas Eisen im Hirn für meinen Outdoor-Kompass.
(Hab mal gelesen, dass es das gibt. Fand ich als Erklärung super. Hilft mir nur nicht.)
Während ich mein Routenplaner-Display drehe und wende, ich habe mich dazu unter eine Markise eines Restaurants gestellt, wird es plötzlich laut und hektisch.

Zwei durchtrainierte Männer werfen zwei andere mit reichlich Power auf die coolen Außensitzmöbel.
„Ausweise!“ „Ruhig. Mann. Ich hab´ nichts gemacht. Mache keine Geschäfte mehr.“ „Papiere! Zeigen! Jetzt!“
Der größere, der beiden Polizisten in Zivil (das wir mir pronto klar), baut sich, zu meinem Schutz breitbeinig vor mir auf.
Erst ganz allmählich raffe ich, dass die Situation in Sekundenbruchteilen ziemlich eskalieren könnte und schleiche mich davon.
Als ich mich endlich auf den Wartezimmerstuhl plumpsen lasse, ist mir leicht übel.
Welcome back in Berlin, Nella.

15. „Du bist schon wie Opa, Mama.“

Eine Freundin erzählte mal, dass sich ihr Sohn genau so am Rücken kratze, wie sein Vater. Als ihr das zum ersten Mal aufgefallen war, wurden ihre Augen feucht. Marc hatte seinen Papa nie kennen gelernt. Kurz vor seiner Geburt war er gestorben.
Es ist ja bekannt, dass man Anlagen hat oder Dinge von den Eltern übernimmt. Aber das hier fanden wir beide etwas spooky , aber auch irgendwie beruhigend. Eltern sind immer gegenwärtig.
Mein Papa liebt die Bewegung, mag es Spazierzugehen. Wir müssen immer mit. Klar.

Erschwerend für alle Mitspaziergängner (zwinker, zwinker) kommt hinzu, dass er jede und jeden anspricht, der ihm entgegenkommt. Auch vor Hunden macht er nicht halt. „Na, du wirst ja mehr gezogen, als dass du Gassi gehst.“ Schon wenn sich von Weitem abzeichnet, dass jemand unseren Weg kreuzt, merke ich, dass er sich auf diese Begegnung vorbereitet. Die Vorfreude ist ihm anzusehen. „Oh nein, gleich geht es wieder los.“ Seufze ich leise in mich hinein und halte die Luft an: Was wird er gleich wieder sagen? Denn häufig bleibt es nicht bei einer kurzen Bemerkung.

Als ich letztens mit meiner Tochter in der Confiserie war (für Schokolade habe ich eine klitzekleine Schwäche) betrat ein Vater mit seinem Sohn in Bermudahosen das Geschäft. „Na, du kannst auch nicht akzeptieren, dass der Sommer vorbei ist.“ Kaum ausgesprochen, traf mich ein strafender Töchterblick. „Mama, du bist schon wie Opa.“ sagte sie noch in das Klingelingeling der schließenden Ladentür. „Ach quatsch. Nimm eine Trüffelpraline und sei nicht so streng mit mir.“
Du musst wissen, wir sind ein bisschen wie die Gilmore Girls.

Dennoch beschloss ich mich zu beobachten. Ich muss eingestehen: ganz falsch liegt sie damit nicht. Allerdings: Hunde habe ich noch nicht angesprochen. Ehrenwort.
Kennst du das auch?


16. „Entschuldigung, ich wollte nur zahlen.“

„Ich spring nur mal schnell bei Müller rein und hole eine Geburtstagskarte, Mama.“
Nur mal schnell. Das war eine gravierende Fehleinschätzung meinerseits.
Zu meinen Gunsten kann ich sagen, dass die Menge an Menschen, die zu dieser Zeit dort einkauften, überschaubar war. Sehr überschaubar genauer gesagt. Maximal 20 auf zwei Etagen.
Ich also hoch in die Schreibwarenabteilung. Noch etwas Geschenkpapier und ab zur Kasse. Das Geld hielt ich bereits abgezählt in der Hand.

Vor mir eine Kundin mit einem halben Badezusatzregal auf dem Band.
Das waren ungelogen 15 verschiedene Produkte nur zum Baden. Nein, falsch, eines in einer lila Plastikflasche war gleich fünf Mal vertreten.
„Dazu habe ich auch fünf Gutscheine.“ triumphierte sie. „Das muss ich einzeln kassieren.“ Mir schwante nichts Gutes. „2.36 dann.“
Vier Mal wechselten Geld und lila Badeflasche die Besitzerin. Vier Mal öffnete sich die Lade fürs Wechselgeld inklusive Quittung. Beim fünften Mal hielt die Kundin inne und formulierte in gefühlter Zeitlupe: „Ich meine aber … Pause … die kosten 2 €.“ Stille.

BOAH!

Ich machte eine spontane 180-Grad-Drehung und stürmte zur anderen Kasse. Dazu musste ich den ganzen Laden durchqueren. Egal. Von Weitem konnte ich schon sehen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Wenn nichts dazwischenkommt, würde ich die einzige Kundin sein. Hurra. Sachen aufs Band gelegt. Es konnte losgehen.
Dabei hatte ich die andere Frau hinter der Kassiererin übersehen. Beide schauten konzentriert auf den Boden.
„Sind das die von Zalando? Die sind schön.“ „Ja, aber etwas eng.“ „Das war bei meinen auch so. Die musst du erst mal einlaufen.“

Ich war kurz davor loszuschreien.
„Entschuldigung, ich wollte nur zahlen. Was kann ich tun, um Ihre Aufmerksamkeit auf meinen Einkauf zu lenken?“ Keine Reaktion. Ich war quasi nicht da.
Da schoss mir folgender Gedanke durch den Kopf: Ich bastele einfach eine eigene Karte, Geschenkpapier hat Mama sicher auch irgendwo in ihrem Imperium.
Gedacht, gemacht.

Ich ließ meine Bärchenkarte zusammen mit der Geschenkpapierrolle auf dem Band liegen und verließ den Laden.
Ich war raus aus der Nummer.
Tiiief Luft holen und durchatmen. „Na, hast du was Schönes gefunden? Hat ja lange gedauert.“ „Mama, lass uns einfach gehen, ich möchte nicht darüber reden.“
Zehn Meter weiter überkam es mich dann. Ich musste laut loslachen.
Was ein doppelt krasser Kassen-Move war das denn bitte. Respekt.

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