Hast du dir auch schon mal diese Frage gestellt? Ich behaupte mal, ja.
Ich stolperte zu diesem Thema am Samstag in einem Schreibwarenladen in eine heitere Diskussion unter Kunden.
Er: “Sag doch einfach, du hast Migräne.”
Sie: “Das habe ich beim letzten Mal gesagt.”
Er: “Dann ist aus deiner Migräne eben eine kleine Herbstdepression geworden.”
Sie: “Nee, das will ich nicht sagen.”
Was sie aber sicher wusste, war, dass sie sich auf gar keinen Fall mit ihrer Bekannten treffen wollte. Es kam raus, dass sie sich von eben jener in schlechten Zeiten allein gelassen gefühlt hatte.
Kennst du das? Du kommst in ein Geschäft, suchst irgendetwas und auf einmal geht neben dir ein Deep Talk los, dem du dich nicht entziehen kannst? Du legst dein Ohr ab und gehst gedanklich mit. So ähnlich war das hier auch. Mit dem kleinen Unterschied, dass sich die junge Frau abrupt zu mir umdrehte und fragte: “Was würden Sie denn machen? Können Sie mir eine gute Ausrede schenken?” Und schon war ich Teil der Überlegungen.
Ich: “Wasserrohbruch?” Sie: “An einem Sonntag?”
Ich: “Warum nicht, der Rohrbruch hat ja kein “Weekendfeeling”.”
Sie “Mmmmh”
Ich: “Zahnschmerzen?”
Sie: “Besser.” Zufrieden war sie immer noch nicht.
Ich: “Oder vielleicht eine Sportverletzung.”
Sie: “Super, das nehmen ich. Ich habe heute Abend Handballtraining. Da verknackse ich mir den Fuß oder kriege einen Hammerwurf gegen mein Knie.”
Da schaltete er sich wieder ein: “Ja, und dann bekommst du deine Hose gar nicht mehr an, weil das Knie so angeschwollen ist und du kannst nur noch humpeln. Klasse.”
“Jetzt habe ich mal eine Frage zur Verabredung: Warum halten Sie denn noch an der Bekanntschaft fest oder treffen sich überhaupt noch mit der Frau?”
Sie: “Ja, gute Frage. Ich denke, ich schaffe es nicht, ihr zu sagen, dass ich kein Interesse mehr an unserem Kontakt habe.“
Wir schauen uns beide länger an bis sie selbst sagt: “Ich glaube, ich sollte jetzt mal loslassen und nicht immer wieder nach neuen Lügen oder Ausflüchten suchen. Das stresst mich einfach.”
“Guter Plan”, sage ich, zahle und verlasse mit einem lieben Gruß und guten Wünschen die Papeterie.
Dann komme ich ins Grübeln. Bin ich denn so viel klarer als die junge Frau von eben? Manchmal ja und manchmal nein. Oft denke ich: Aber wir kennen uns doch schon sooo lange oder sie hat mir in einer heiklen Phase beigestanden, da kann ich doch jetzt nicht einfach Schluss machen und die Freundschaft kündigen.
Frage: Wie haltet ihr das mit Freundschaften, die sich eigentlich nur noch dahinschleppen, ein Kompromiss sind?